Kann man das Original ersetzen und was ist das überhaupt?

Was möglicherweise nach einer rhetorischen Frage klingt ist im Gegenteil eine Frage, die mich sehr beschäftigt. Ende Dezember wollte ich nach Hannover fahren, um im Wilhelm-Busch-Museum das Original von „Max und Moritz“ in Augenschein zu nehmen. Nun hat mich die stellvertretende Direktorin des Museums informiert, dass dieses „Original“ erst 2015 wieder ausgestellt wird und ich möge doch mit dem Faksimile vorlieb nehmen, da auch das Museum hin und wieder nur das Faksimile ausstellt, um das Original zu schützen. Ich finde das befremdlich, denn in meiner Weltsind Museen Orte, an denen ich Originale von Kunstwerken in einer sie schützenden Atmosphäre betrachten, bewundern, jedenfalls wahrnehmen kann. Warum finde ich das so befremdlich? Was fehlt mir bei einem auf Papier gedruckten Faksimile, das mir nur das Original geben kann? Möglicherweise sind die Unterschiede mit blossen Auge nicht zu entdecken, ja vielleicht nicht einmal mit einer Lupe. Kann ich mit einem Faksimile arbeiten, obwohl ich wissen wollte, welche gestalterischen Merkmale das Original kennzeichnen? Ist meine Forschungsfrage gar sinnlos geworden? Aber andererseits – ist das, was ich da betrachten wollte denn überhaupt das Original von „Max und Moritz“? Vertraue ich auf die Definition von wikipedia bezüglich „Original“, so ist dessen Definition abhängig vom jeweiligen Kunstwerk und bei einem graphischen Erzeugnis ist es die Druckvorlage. Die Druckvorlage für „Max und Moritz“ wären demnach die Holzstöcke, auf die Wilhelm Busch gezeichnet hat. Dass von diesen wiederum ein Teil verschwunden ist, haben meine Recherchen bereits ergeben. Wie mache ich nun weiter?

3 Gedanken zu „Kann man das Original ersetzen und was ist das überhaupt?

  1. Daria Heutz-Della Vite

    Ich verstehe durchaus wo dein Problem liegt, allerdings zur Thema ‚Originale Ausstellen‘ ist es so, das oft Faksimile anstatt dem Original ausgestellt werden. Gerade wenn die Möglichkeit besteht das das Original durch Bewegung oder allein schon durch Veränderung der Lufttemperatur angegriffen werden. (Das trifft oft bei Büchern auf) Bestes Beispiel dafür wäre die Höhlenmalereien von Lascaux (die ohne archäologische Ausbildung) gar nicht im Original zu betrachten sind.

    Ob du nun mit dem Faksimile arbeiten sollst oder nicht, kann ich dir nicht beantworten, aber wenn du dir Sicher bis dass es das detailliertes Faksimile des Original ist, würde ich trotzdem ansehen. Unterschiede denk ich im ‚inhaltlich‘ ‚gestalterischen‘ und ‚aufbautechnischem‘ Bereich werden wohl kaum zu finden sein. Sonst könnte es ja kaum das Faksimile des Originals sein.

  2. Johannes Fehrle

    Zu Deinem Problem fällt mir natürlich spontan Walter Benjamins Idee einer „Aura“ ein, die er in seinem Artikel „Das Kunstwerk in Zeiten seiner digitalen Reproduzierbarkeit“ entwickelt. Vielleicht findet sich ja in der fehlenden Aura ein Teil Deines Unbehagens?
    Aus wissenschaftlicher Sicht sehe ich kein großes Problem darin mit dem Faksimile zu arbeiten, wenn es ein gutes ist – es sei denn Du würdest Dich für die Materialität des Papiers o.ä. interessieren.
    Im Übrigen stellen Museen meines Wissens ganz oft Faksimiles aus, sie markieren das bloß nicht unbedingt. Das Original kommt nämlich immer zu schaden wenn es ausgestellt wird, selbst wenn das fachgerecht der Fall ist. Es ist also wie immer bei Museen ein Abwägen zwischen Schutz der Sammlung und Interesse und Recht der Öffentlichkeit, die dafür zahlt, es zu sehen, eigentlich wie bei Naturschutzgebieten.

  3. Johannes Fehrle

    PS: Der Artikel heißt natürlich “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit.” Die Verwechslung von Zeiten und Zeitalter ist ja noch naheliegend, das „digitale“ allerdings kam wohl durch den Computer den ich benutze rein, wenn man bedenkt, dass das Ding in den 1930ern geschrieben wurde – tja, the medium is the massage.

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