Der Begriff des Raumes im Comic

Begriff des Raumes im Comic

Der Begriff des Raumes lässt weitreichende Assoziationen entstehen, so dass man sich zuerst klar machen muss, was genau mit Raum gemeint ist.

„Im Allgemeinen wird unter Raum eine wahrgenommene oder vorgestellte, in der Regel dreidimensionale Ausdehnung verstanden, die entweder ohne Begrenzung oder im Sinne eines Raumes oder Zimmers in seiner Ausdehnung eingegrenzt ist (Brockhaus-Enzyklopädie, 1999). Um sich in einem solchen Raum zu orientieren, bedarf es den Leistungen des sensorischen und kognitiven Systems.“

Ein Raum ist für die Meisten ein Ort des Lebens, in dem Handlungen und Bewegungen möglich sind , in dem Veränderungen statt finden.

Auf der geistigen Ebene finden wir im Raum die  Möglichkeit der Träume , Wahrscheinlichkeiten und der Phantasie, die sich in gänzlich anderen Gesetzmäßigkeiten und Grenzen äußert.

Im Comic ist der Raum, was die Zeit im Film.

Comic ist im Gegensatz zur Animation, die zeitlich sequentiell ist, räumlich sequentiell, das heißt wir haben Bilder auf Flächen, die den Raum des Comics darstellen.

Der Handlungsraum hat „Erzählfunktion“-  z.B. ein Panorama auf die Stadt, in der der Comic spielt/erzählt

>   dabei bezeichnen die Raumzeichen die Szenerie und sind offene Zeichen.
Sie haben mit dem Geschehen nichts zu tun. Sie verweisen auf die Identität desOrtes auf der semantischen Ebene  >> Ort des Geschehens

>  der gleiche Handlungsraum kann aus unterschiedlichen Perspektiven gezeigt werden

>  schnelle Orts- oder Perspektivenwechsel sind im Comic von Panel zu Panel möglich

>  zeitlich parallele Handlungen an verschiedenen Orten sind im Comic über

Panelteilung vermittelbar

>  fehlen Angaben zum Handlungsraum – oder sind die Handlungsräume nur

angedeutet , muss der Leser sie ergänzen, da er den Handlungsort zwar nicht sieht,

die Erzählung aber irgendwo  stattfindet.  >> Closure/ Induktion siehe  McCloud

>   Raumzeichen sind den Handlungszeichen untergeordnet

Die Darstellung des Handlungsortes kann von Seiten der Erzählinstanz aber auch zu Beginn der Geschehnisse bewusst weglassen und erst später sichtbar gemacht werden.

Damit stellt der Handlungsraum nicht nur einen Schauplatz dar, sondern hat auch eine Erzählfunktion.

Dadurch ist kein zusätzlicher Erzählerhinweis (wie in Erzähltexten z.B. ‚ Zur gleichen Zeit…’) notwendig.

Der Handlungsort kann darüber hinaus auf eine feststehende Figurenkonstellation mit konstantem Handlungsschema verweisen  ( Küche- Dialog mit Mom; Garage- Dialog mit Dad).

Eine akkustische Erweiterung des Handlungsraums – ‚mimetic space’ – ist in Comics durch einen geraden oder gezackten Sprechblasendocht zum rechten oder linken Panelrand darstellbar   > dies entspricht dem Ton aus dem off im Film.

Durch die Mehrfachkadrierung  wird das Mittel Raum in Zeit umgesetzt.

Im Comic der Bildhintergrund oft sehr realitätsnah und naturalistisch  dargestellt, da damit keine Identifikation notwendig ist, während die Figuren häufig stark stilisiert sind – wie in Hergés Tim und Struppi.

Das gibt uns die Möglichkeit zu einem gefahrlosen Eintritt in eine Welt sinnlicher Reize hinter der Maske einer Figur  > es sind fantasievolle, unrealistische und unmögliche Handlungsräume dar- und vorstellbar.

Panels sind der Raum zwischen den Bildern, der die Induktion ermöglicht – zwei Bilder verwandeln sich zu einem Gedanken / sie zerlegen den Raum und die Zeit

Eine comicspezifische Besonderheit bei der Erweiterung des ‚sichtbaren’ Raums zu einem größeren ‚narrativen’ Raum liegt in der Möglichkeit, den Panelrahmen wegzulassen oder ihn mit einzubinden.

Damit kann in Comics eine‚ unbegrenzte, endlose’ Weite suggeriert werden.

 

Quellen: 

Marianne Krichel: Erzählerische Vermittlung im Comic am Beispiel des amerikanischen Zeitungscomics Calvin and Hobbes. Trier: Wissenschaftlicher Verlag 2006, ISBN 3-88476-824-7


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